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Rotenburger Rundschau am 19.08.2005
Weniger Zuwanderung, mehr deutsche Leitkultur
CDU-Fraktionsvize Bosbach Gast beim Wahlkampfauftakt
- VON ROLAND MEYER
Rotenburg. Die CDU beging ihren Wahlkampfauftakt für den Landkreis im Rotenburger Bürgersaal. Als prominenten Gast präsentierte der örtliche Abgeordnete Reinhard Grindel Wolfgang Bosbach , einen der stellvertretenden Vorsitzenden der Bundestagsfraktion. Mit rund 120 Parteifreunden war der Saal vergleichsweise mäßig gefüllt. Quasi als Motto für den Wahlkampf stellte der Kreisvorsitzende Albert Rathjen der Veranstaltung voran: „Gerhard Schröder hat 1998 gesagt, er wolle nicht alles anders, aber vieles besser machen. Wir sagen: Wir wollen alles grundlegend anders machen, damit es grundlegend besser wird.“
Bosbach ist in der Fraktion für die Innenpolitik zuständig. Dieses Themenfeld bearbeitet auch Grindel, weshalb er Bosbach als seinen Vorgesetzten bezeichnete. Dickes Kompliment bei der Begrüßung: „Wenn es in der Fraktion eine Abstimmung gäbe, wer der beliebteste Kollege ist, dann würde mit großer Mehrheit Wolfgang Bosbach gewählt.“ Das läge an dessen Charme, Kompetenz und Fröhlichkeit.
Bosbach revanchierte sich und lobte Grindels Arbeit im Bundestag. In den vergangenen drei Jahren sei der Rotenburger nicht nur zum Kollegen geworden, sondern zum Freund. - Die Rede des Mannes aus Bergisch Gladbach bestand aus drei Teilen: Aufruf, sich im Wahlkampf zu engagieren, Wirtschaftspolitik sowie Innere Sicherheit und Zuwanderung.
„Gerade weil wir in den Umfragen so gut dastehen, wollen die Menschen uns jetzt schwitzen sehen für ein gutes Ergebnis“, sagte Bosbach . Und das beste Werbemittel sei ein gutes Argument. „Warum soll ich CDU wählen? Auf diese Frage müssen Sie am Stand oder am Arbeitsplatz eine gute kurze Antwort haben“, empfahl er seinen Parteifreunden.
Und welche? „Die Menschen leben in CDU-regierten Ländern besser. Punkt“, sagte der Politiker. Das zeige sich zum Beispiel an niedrigerer Kriminalität und besseren Pisa-Ergebnissen. – Zweites mögliches Argument laut Bosbach : Die CDU habe zwar auch Fehler gemacht. „Zum Beispiel haben wir die notwendigen Reformen liegen lassen, weil wir glaubten, sie wären unpopulär. Aber alle Schlüsselentscheidungen der Geschichte haben wir richtig gefällt. Und immer gegen den Widerstand der SPD.“ Als Beispiele zählte der Wahlkämpfer auf: die Einführung der Marktwirtschaft nach dem Krieg, die Gründung der Bundeswehr, die Mitgliedschaft in der Nato sowie das Festhalten an der einen deutschen Staatsbürgerschaft und am Nato-Doppelbeschluss.
Als Rezepte für eine erfolgreichere Wirtschaftspolitik nannte Bosbach konsequenten Einsatz für den Mittelstand, späteren Renteneintritt und ein einfacheres Steuersystem. Außerdem sei der Abstand zwischen denen, die Sozialhilfe erhalten, und unteren Lohn- und Gehaltsgruppen zu gering.
„Nicht alle Muslime sind Terroristen. Aber alle Terroristen sind Islamisten.“ So wechselte Bosbach zum Thema Sicherheitspolitik. „Wir sind wie kaum ein anderes Land Rückzugsort für Terroristen.“ Deshalb müssten Sicherheitslücken geschlossen werden. Als Beispiel nannte Bosbach nur den mit biometrischen Merkmalen versehenen Ausweis, den einzuführen der Innenminister bisher versäumt habe. Und das jetzt leider verbotene Abhören in Wohnungen habe immerhin zum Aufdecken der Münchener Attentatspläne von Neonazis geführt.
Bosbach setzt sich für weniger Zuwanderung ein. Wer komme, sei willkommen, müsse sich aber um Integration bemühen. „Verpflichtende Sprachkurse haben mit Zwangsgermanisierung nichts zu tun.“ Und im Konfliktfall müssten sich Ausländer selbstverständlich an den Normen des Gastlands orientieren. Zwangsheiraten etwa seien kein Ausdruck kultureller Identität, sondern schwere Fälle von Nötigung. „Mit dem Begriff ,deutsche Leitkultur‘ habe ich kein Problem. Wir wollen keine multikulturelle Gesellschaft.“
Niemand müsse sagen, dass er stolz auf Deutschland ist, so Bosbach weiter. „Aber ich will, dass man es sagen darf. Wir möchten unser Land auch lieben dürfen, so wie andere ihres lieben.“ Zwar seien die zwölf Nazi-Jahre für immer Teil der deutschen Geschichte. „Die hat in den 1.000 Jahren seit Otto dem Großen aber auch vieles zu bieten, worauf wir stolz sein können.“
Das Publikum quittierte den Vortrag mit anhaltendem rhythmischem Beifall im Stehen. In der Fragerunde wollte Friedrich Kuhle (Rotenburg) wissen, ob es kein Problem sei, wenn hier lebende Türken viele Kinder bekommen und sich daher schneller vermehren als die Deutschen.
Bosbach antwortete, dass 1973 in Deutschland vier Millionen Ausländer lebten, von denen mehr als die Hälfte Arbeit hatten. Heute gebe es 7,3 Millionen, von denen nur 1,9 Millionen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgingen. Ausländer seien doppelt so häufig arbeitslos wie Deutsche und ihr Anteil an den Sozialhilfeempfängern sei im Verhältnis dreifach höher.
Diese Daten belegen für Bosbach die Notwendigkeit von mehr Integration. Zur Beruhigung: Die Zahl der Kinder, die fremdstämmige Paare bekämen, gleiche sich in wenigen Generation an den Durchschnitt des Gastlandes an. „Außerdem können wir Zuwanderern doch schlecht sagen, dass sie nur kommen dürfen, wenn sie höchstens zwei Kinder haben.“
Der Abend endete nach gut zwei Stunden mit dem offenbar recht spontanen Einfall, gemeinsam stehend die Nationalhymne zu singen.
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